Gut beraten?!

Wie viel gute Beratung mit dem eigenen Selbstbewusstsein zu tun hat, weiß Birgit Nusskern*

Wie oft haben Sie die folgenden Sätze schon gehört oder selbst gesagt: „Das war eine wirklich gute Beratung" oder „Ich fühle mich richtig gut beraten"? Im besten Fall gehören diese Sätze zu Ihrem Alltag, den Ihre Kunden immer wieder äußern. Nur was bedeutet das eigentlich? Was ist eine gute Beratung? Und welchen Stellenwert spielt das Thema Beratung im Salonalltag? Birgit Nusskern über die kleinen Unterschiede von „wie immer" zu ganzheitlich und wie man durch gute Beratung am Ende auch mehr Geld verdienen kann.

„Was kann ich für Sie tun?" oder „Was darf es sein?" das ist bei vielen Kollegen die erste Frage, die gestellt wird, wenn sie das Beratungsgespräch beginnen. Die Antwort darauf ist leider genauso wenig präzise, wie hilfreich, findet Birgit Nusskern: „Ich frage zunächst immer nach den Wünschen der Kundin, nach der Geschichte ihrer Haare. Ich frage nach Gewohnheiten zur Pflege und zum Styling zu Hause, welche Produkte und Tools sie benutzt, wie viel Zeit sie realistisch für ihre Frisur jeden Tag aufbringen will." Auf einmal entstehen ganz andere Gespräche, denn, wer sich traut andere Fragen zu stellen, bekommt auch andere Antworten.

Lieber eine treue zufriedene Kundin, als kurzfristigen Umsatz

Wenn es um das Thema größere Farbveränderungen geht, wird es oft schwierig, weil man hier lernen muss gnadenlos ehrlich zu sein. Zunächst müsse ganz klar das Ziel der Veränderung definiert werden: „Weg von den Strähnen" oder „nicht mehr so dunkel" oder „Grau kaschieren". Dabei müsse ganz klar sein, dass das Ganze ein Prozess ist, ein Weg, den man gemeinsam geht: „Mein Farbpinsel ist kein Zauberstab. Zu behaupten, dass radikale Veränderungen von jetzt auf gleich in einem Rutsch möglich seien und dabei das Haar nicht schädigen würden, ist einfach grob fahrlässig," so Nusskern.

Sie muss genau die Historie der Haare kennen, um dann als Fachfrau entscheiden zu können, welcher Weg möglich ist oder eben auch nicht. Ganz wichtig sei, dass die Kundinnen mit der richtigen Pflege zu Hause aktiv mitarbeiten: „Wir brauchen eine gute Grundlage, um mit Farbe zu arbeiten, sonst heißt es am Ende doch wieder nur „Die Friseurin hat es mal wieder nicht hinbekommen! Gerne vergleiche ich das mit einem Titelbild eines Magazins: natürlich wirken die Farben auf dem Hochglanzcover der Vogue besser, als auf dem matten Sparpapier der Freizeitrevue! Es kommt eben auf den Untergrund an."

Beratung kostet (Zeit)

Birgit Nusskern appelliert an das Selbstbewusstsein ihrer Kollegen: „Wir müssen wieder lernen als Profi aufzutreten und unser Fachwissen selbstbewusst zu verkaufen. Immerhin haben wir als Friseure mit professionellen Haarfarben, die zum Teint passen, das mit Abstands effektivste Anti-Aging Mittel. Das muss auch so verkauft werden!" Bei nusskern friseure lautet das Motto „Du musst nichts Außergewöhnliches tun, nur das Gewöhnliche außergewöhnlich gut." Das spiegelt sich auch bei der Beratung wider. Denn wer möchte, bekommt nach der Farbdienstleistung ein kleines Service-Make-up – ein Umsatzgarant, wie Nusskern erzählt. „Am Ende wollen wir doch mit unserer Arbeit Geld verdienen. Heißt ich muss immer wieder die entscheidenden Themen „nebenbei" ansprechen: Augenkosmetik, Pflege, Produktempfehlungen, Farbfresh-up und Make-up", so Birgit Nusskern. Man muss sich immer wieder bewusst machen, dass es Menschen gibt, die Geld haben und dieses auch gerne ausgeben möchten.

Eine halbe Stunde Beratung wird bei nusskern friseure mit einem halben Stundensatz berechnet. „Meine Leistung ist das wert. Punkt." Das so klar zu formulieren und dann auch durchzusetzen, erfordert nicht nur Mut und Selbstbewusstsein, sondern zeigt auch die klare Haltung zur eigenen Professionalität. Der Betrag wird natürlich verrechnet, sofern ein Servicetermin zu Stande kommt. Aber nicht nur die Beratung, auch die Umsetzung einer guten Leistung kostet Zeit. „Es hört sich banal an, aber planen Sie die Zeit ein, die es dauert und bieten Sie dem Kunden lieber einen anderen Termin an, denn die Alternative ist eine unzureichende Beratung unter Zeitdruck und am Ende stehe Ich selbst ja mit meinem Namen dafür gerade." Haar- und Beautyexperte wird man nicht in drei Jahren Ausbildung, dazu gehört jahrzehntelange Erfahrung, Routine und kontinuierliche Weiterbildung. „Ralf und ich blicken zusammen auf über 50 Jahre Erfahrung – die stetige Arbeit an uns voraussetzt. Das hat richtig Zeit und Geld gekostet." Wer in diesem Bewusstsein agiere, habe viel seltener Diskussionen über Preise und würde als Experte ganz anders wahrgenommen.

* Birgit Nusskern (38) ist Friseurmeisterin und führt gemeinsam mit ihrem Mann Ralf Nusskern den Salon nusskern friseure in Dannstadt-Schauernheim. Nach Meisterprüfung, Fachtrainerausbildung und jahrelanger Seminartätigkeit arbeitete Sie als Creative Director bei KpO, wo sie neben der Umsetzung großer Shows und internationaler Shootings auch für die Schulung der Mitarbeiter verantwortlich war. Birgit Nusskern liebt nicht nur alles rund ums Haar, sondern hat auch eine große Leidenschaft für Make-Up, das den Total Look einer Kundin optimal abrundet. Gemeinsam mit Ralf Nusskern steht sie heute für Goldwell auf der Bühne, gibt Schulungen und Seminare für Kollegen.